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Wie umgehen mit Rechtsradikalen?
#1
Lieber Otto, ich kenne einen Haufen Leut von der CDU, die ich nicht als"rechts" bezeichnen würde. Zwischen konservativ und rechts gibt es durchaus Unterschiede. Es wundert mich aber doch, dass dein alter Jude es in einer Partei mit alten Nazis ausgehalten hat. Das hat den aber dann net verletzt, oder? Es gibt die CDU honoriger anständiger Leute, die inzwischen viele ihrer Alt- und Neu-Nazis an die AFD abgetrieben haben, und es gibt die CSU, die gerade heftig zurückrudert, weil ihre Wähler auch keine Partei wollen, die in der braunen Kacke baggert...
Und nein, ich lehne es strikt ab, gewaltfrei zu kommunizieren. Das ham wir lang genuch gemacht.
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#2
Liebe Klara, ich weiß nicht, wie der Mensch es ausgehalten hat. Ich bin einem anderen begegnet, der sich mit seinem Peiniger aus Ausschwitz versöhnt hatte. Was in einem solchen Menschen vorgeht, kann und will ich nicht hinterfragen oder bewerten, aber offenbar hat es etwas mit Religion zu tun oder mit jüdisch-christlichen (konservativen) Werten.
Das ist im Rahmen der Meinungsfreiheit durchaus gedeckelt. So eine Meinung wie "Schwule sollten nicht heiraten, denn es ist Gott ein Greuel" ist noch keine Volksverhetzung.

Eine Demokratie kann das aushalten und auch ich als Privatmensch muss solche Meinungen aushalten, denn meine Meinung kotzt die ganz genauso an. Wir bleiben aber höflich und sachlich und darum geht es bei gewaltfreier Kommunikation. In dem Moment, wo wir uns gegenseitig als "faschistoid" oder so was bezeichnen, ist die Diskussion vorbei. In dem Moment, wo es unter die Gürtellinie geht, unsachlich wird oder anders ausgedrückt eben nicht gewaltfrei, ist die Debatte schon vergiftet.

Ich bin jeden Tag mit Menschen konfrontiert, die irgendeine seltsame Meinung über Ausländer haben oder Ausländer sind oder Migrationshintergrund haben oder kein typisch deutsches Aussehen. Die Meinungen gehen sehr weit auseinander. Vom Reichsbürger über den strenggläubigen Moslem bis zum Autonomen alles dabei. Keiner von denen will, dass eine "Bulgare", der Bulgarien vielleicht nie gesehen hat, von einem braunen Lynchmob zusammengeschlagen wird, weil ein "Kubaner" ermordet wurde, der Kuba vielleicht nie gesehen hat. Das finden alle Scheiße außer eben dem braunen Lynchmob. Und "Gegen Rechts" ist die falsche Überschrift, denn es geht nicht gegen CDU-Wähler, sondern gegen Nazis.

Dass konservative Ideen jüdisch-christlich beeinflusst sind und dass sich daher Frauen- und Schwulenfeindlichkeit und ein gewisses Überlegenheitsdenken zwangsläufig ergeben, ist ja bekannt. Dass prinzipiell kein Unterschied zwischen Sexismus und Rassismus gemacht werden kann, da sie sich durch die Idee der Überlegenheit eines Individuums über ein anderes gleichen, ist auch kein neuer Gedanke. Trotzdem gibt es homophobe Punks, sexistische Schwarze und jüdische Konservative. Wie die das unter einen Hut kriegen, ist nicht mein Erklärungsnotstand.

LG, Otto
Eine Demokratie kann ein paar Nazis aushalten. Aber eine Diktatur kann keine Demokraten aushalten.
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#3
Hallo Bartholomew,
ich weiß nicht, ob das off topic ist oder eben genau nicht. Ich mache die Erfahrung, dass viele Sympathisanten von Pegida&Co. gar nicht wissen, was/wem sie da nachplappern.
Dass sich die extremen Rechten immer wieder frei bei den Themen der Arbeiterbewegung bedienen, hat ja auch den Grund, dass der Nationalsozialismus sich als Volksbewegung verstand und aus der Arbeiterbewegung heraus entwickelt hat, leider auch aus anderen und unerfreulicheren Denkströmungen.

Die zunehmende Verarmung der unteren Schichten und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sind eigentlich klassischerweise linke Themen, die Nazis sehen das aber als klassischerweise nationalsozialistische Themen. Deren Lösung ist einfach und populistisch: Die Juden/ Moslems/ Sündenböcke sind schuld. Sie liefern einfache Antworten auf komplexe Themen und das gefällt den Leuten, denn in der Hauptschule wird Adorno nicht behandelt .

Die CDU hat seit der Gründung der Bundesrepublik, unter anderem durch die katastrophale 3-Klassen-Bildungspolitik, keine Chancengleichheit aller Bürger herstellen können oder wollen. Es ist nicht einmal richtig entnazifiziert worden und jahrzehntelang wurden Linke auf Demos eingekesselt und verprügelt, während die Nazis beschützt wurden. Das, was jetzt passiert, hat einzig und allein die CDU verschuldet. Es gab 1989 in Karl-Marx-Stadt keine Nazis, es gab nur junge Leute, die gegen den Staat waren. Der Neofaschismus ist ein Auswuchs der Bundesrepublik, der im Osten auf fruchtbaren Boden fiel und jetzt geht die Saat auf.

Lange Rede, kurzer Sinn: Die CDU/CSU hat sich ein Monster erschaffen, das sie jetzt in den Arsch beißt, viel Mitleid mit Merkel habe ich daher nicht. Ich frage mich eher, warum die Linke es nicht schafft, diese frustrierten und entrechteten Menschen aufzufangen. Wäre das nicht unsere Aufgabe? Oder sind wir schon so weit weg vom Proletariat, dass wir nicht mal mehr in den Ärmel schnäuzen?

Gott zum Gruß,
der Otter
Eine Demokratie kann ein paar Nazis aushalten. Aber eine Diktatur kann keine Demokraten aushalten.
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#4
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Hinweis
Dieser Diskussions-Thread wurde auf mehrfachen Wunsch aus [DW] [WIP] Es ist an der Zeit - Festival gegen Rechts ausgelagert.

(05.09.2018, 02:45)Otto vonOtter schrieb: Die CDU hat seit der Gründung der Bundesrepublik, unter anderem durch die katastrophale 3-Klassen-Bildungspolitik, keine Chancengleichheit aller Bürger herstellen können oder wollen. Es ist nicht einmal richtig entnazifiziert worden und jahrzehntelang wurden Linke auf Demos eingekesselt und verprügelt, während die Nazis beschützt wurden. Das, was jetzt passiert, hat einzig und allein die CDU verschuldet. Es gab 1989 in Karl-Marx-Stadt keine Nazis, es gab nur junge Leute, die gegen den Staat waren. Der Neofaschismus ist ein Auswuchs der Bundesrepublik, der im Osten auf fruchtbaren Boden fiel und jetzt geht die Saat auf.

Ich glaube nicht, dass der Neofaschismus im Osten eine Initialzündung aus dem Westen benötigt hätte.

Sicher ist es richtig, dass der Westen nie wirklich vollständig entnazifiziert wurde, aber dafür hat sich im Osten der Faschismus der Nazionalsozialisten letztendlich im "realexistierenden Sozialismus" des Stasi-Staates perpetuiert. In beiden Regimen war der Sozialismus nur nominal und der Faschismus griff strukturell in alle Lebensbereiche ein. (War nicht die FDJ kaum etwas Anderes als eine chemisch gereinigte HJ?)

Es ist aber letztendlich nicht wichtig, ob der Faschismus jetzt im Westen oder im Osten entstanden ist oder ob die Sachsen jetzt schlimmer sind als die Bayern - wichtig ist es doch sich jetzt den Faschisten und faschistoiden Tendenzen entgegenzustellen.
Wer nicht weiss wohin er will, der kommt leicht woanders hin.
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#5
Ich denke schon, dass an allen vorgebrachten Argumenten was dran ist, aber ich glaube auch, sie greifen allesamt zu kurz. Denn wenn man sich umschaut, ist das Wiedererstarken von Nationalismus, Rassismus und Egoismus kein deutsches, sondern eher ein globales Phänomen. Schlicht gesagt, anscheinend ist allen Eseln zu wohl und sie treffen sich auf dem Eis zum Tanzen... Die Frage ist, lässt sich eine sich anbahnende Katastrophe vermeiden? Die Geschichte lässt da wenig Hoffnung...
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#6
(05.09.2018, 10:58)Anachron schrieb: Ich glaube nicht, dass der Neofaschismus im Osten eine Initialzündung aus dem Westen benötigt hätte.

Du glaubst es nicht und ich weiß es, denn ich war dabei, als diese Arschgeigen aus dem Westen systematisch die Ost-Jugendclubs abgeklappert haben, um Anhänger zu finden.
Es gab in der DDR zeit ihres Bestehens nur ein einziges Regierungsmitglied, das in der NSDAP gewesen war und keinen einzigen Lehrer oder Beamten. Karl Dönitz hat uns nicht unkommentiert im Geschichtsunterricht besucht.
Es gab in der DDR auch keine organisierte rechtsradikale Bewegung oder gar Parteien und der Herr Kühnen, der 1990 den Arbeitsplan Ost verfasst hat, war auch kein DDR-Bürger.

(05.09.2018, 10:58)Anachron schrieb: Sicher ist es richtig, dass der Westen nie wirklich vollständig entnazifiziert wurde, aber dafür hat sich im Osten der Faschismus der Nazionalsozialisten letztendlich im "realexistierenden Sozialismus" des Stasi-Staates perpetuiert. In beiden Regimen war der Sozialismus nur nominal und der Faschismus griff strukturell in alle Lebensbereiche ein. (War nicht die FDJ kaum etwas Anderes als eine chemisch gereinigte HJ?)

Du glaubst gar nicht, wie mich diese Relavierungen ankotzen. In der DDR wurden keine 6 Millionen Juden vergast, Wehrdienstverweigerer wurden nicht an die Wand gestellt und uns wurde in der FDJ nicht erzählt, dass wir Herrenmenschen seien, sondern, dass jeder Mensch so viel wert ist der oder die andere. Uns wurde nicht eingebleut, dass Krieg geil sei, sondern dass um jeden Preis der Frieden erhalten werden muss und sich die Ereignisse nicht wiederholen dürfen.
Wer die DDR mit dem Naziregime vergleicht, macht aus Hitler einen kuschligen Pionierleiter. Hundert Leute, die an der Mauer gestorben sind - auf eigenes Risiko - mit 50 Millionen Kriegstoten zu vergleichen, geht nicht, weil sich allein durch de Quantität eine neue Qualität ergibt.

Dass ein Staat mit Einparteiensystem eine ähnliche Struktur aufweist wie ein anderer mit Einparteiensystem (zumal beide Parteien in der deutschen Arbeiterbewegung mit den klassischen Kinder- und Jugendorganisationen verwurzelt sind) ist völlig logisch. Struktur ist aber nicht Inhalt! Spanien ist auch nicht Saudi-Arabien, nur weil beides Königreiche sind.

(05.09.2018, 12:31)Klarabella Karamell schrieb: Ich denke schon, dass an allen vorgebrachten Argumenten was dran ist, aber ich glaube auch, sie greifen allesamt zu kurz. Denn wenn man sich umschaut, ist das Wiedererstarken von Nationalismus, Rassismus und Egoismus kein deutsches, sondern eher ein globales Phänomen. Schlicht gesagt, anscheinend ist allen Eseln zu wohl und sie treffen sich auf dem Eis zum Tanzen... Die Frage ist, lässt sich eine sich anbahnende Katastrophe vermeiden? Die Geschichte lässt da wenig Hoffnung...

Es ist ein europäisches Phänomen und da darf man gerne die Türkei und Russland zu Europa dazu zählen. Die Leute sind noch nicht reif für Europa, das macht ihnen Angst. Und wenn wir mal ehrlich sind, dann nützen die Vereinigten Staaten von Europa vor allem den multinationalen Konzernen durch den Wegfall von Zöllen und einem einheitlichen europäischen Handelsrecht sowie den Steuergesetzen. Dem Franzosen oder Polen nutzt das gar nichts, außer dass er zwei Regierungen durchfüttern muss. Klar geht da das Wahlverhalten Richtung national.

LG, Otto
Eine Demokratie kann ein paar Nazis aushalten. Aber eine Diktatur kann keine Demokraten aushalten.
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#7
Sorry, aber es geht in der O.T. Diskussion nicht um den Umgang mit Rechtsradikalen - die kriegen ohne Diskussion 'nen Stein an den Kopp - sondern um die Entstehungsgeschichte des Neofaschismus in (Ost-)Deutschland und Europa.
Eine Demokratie kann ein paar Nazis aushalten. Aber eine Diktatur kann keine Demokraten aushalten.
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#8
Dem Argument, dass Quantität eine neue Qualität ausmacht, kann ich ganz und garnicht zustimmen. Die Nazis waren auch schon vor dem Krieg und dem Holocaust Faschisten und man hätte sie lange vor Kriegsbeginn bekämpfen müssen, um die letztendliche Katastrophe zu verhindern. Genau so wie wir unsere Neofaschisten jetzt bekämpfen müssen, bevor sie uns alle im kollektiven Würgegriff der Angst zum Schweigen bringen. Eigentlich haben wir schon viel zu lange die Klappe gehalten! Wenn sie erst an der Macht sind, ist es zu spät.
Ich halte die beiden Regime durchaus für vergleichbar - die Gemeinsamkeiten finden sich in den faschistischen Strukturen, in der Kontrolle dessen was gedacht und gedruckt werden durfte, in der Unabhängigkeit der Justiz, der Unabhängigkeit von Forschung und Lehre und last not least in der fehlenden Reisefreiheit. Die Unterschiede in der Quantität der Opfer ändert die Qualität der Unterdrückung der Bevölkerung nicht. Die größten Opferzahlen im dritten Reich sind in der Kriegssituation entstanden, auch der Holocaust fällt in diese Zeit. In Friedenszeiten tun sich beide Regime in dieser Hinsicht aber nicht viel.
Wer nicht weiss wohin er will, der kommt leicht woanders hin.
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#9
Liebe Otter, dass die nationale Volksarmee direkt auf der Wehrmacht aufbaut, ist gesichertes Forschungsergebnis, und erzähl mir nicht, dass es in der Wehrmacht keine Nazis gab... Und da es in beiden Teilen Deutschlands nicht wenige Nazis gegeben hat, werden die sich im real existierenden Sozialismus nicht einfach in Luft aufgelöst haben.
Und nein, zunehmender Nationalismus, Rassismus und Egoismus sind kein europäisches Phänomen, oder ist etwa Trump kein Nationalist, Rassist und Egoist?
Hat nix damit zu tun, dass die Leute net reif für Europa wären.
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#10
Also ich bin einmal in Berlin / Ost gewesen, will nicht nun behaupten, das ich ein Experte bin wie die Mensche im Osten von Deutschland vor der Wende getickt haben. Nur ich weiss, das ich einen Kollegen in der Ausbildung gehabt hab, der doch ziemlich rechts war, hat es auch nach aussen getragen und der war in meinen Alter. Das ganze kurt nach der Wende, da ich auch weiss das er in der FDJ war, komme ich persönlich zu der Erkenntnis das es doch schon Faschistische Strukturen in der FDJ gegeben haben muss, ob nun von der Führung gewollt oder nicht oder ob sie es gewusst haben oder nicht, das weiss ich leider nicht.

Aber für mich persönlich ist ein Faschist ein Braunes Arschloch, da kannste hin- oder herwenden. Und wie Ana so schön schrieb, man muss jetzt aufstehen und was dagegen tun und wenn wir mit diesem klitzekleinen Event nur ein klein bisschen was dazu beitragen können, dann sollten wir es tun.
Signatur
Have a nice Day ;D

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Tschöö

Bogus | PinguinsReisen.de | M: @gse@norden.social
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