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Warum die AfD Scheiße ist
#8
Hallo und herzlich Willkommen zu Folge 4 der beliebten Unterhaltungssendung "Der schwarze Aal" von und mit Karl-Eduard von Otter. Heute zum Thema:
1.2 Schlanker Staat für freie Bürger

"Der Staat ist für den Bürger da, nicht der Bürger für den Staat."
Das klingt, wie immer, erstmal gut.
"Nur ein schlanker Staat kann daher ein guter Staat sein." Dem kann man nur bedingt zustimmen.
Stellen wir uns mal einen extrem schlanken Staat vor: Es gibt einen König, ein paar Minister und lauter sich selbst verwaltende Kommunen. Der König sammelt Steuern ein und hilft in Katastrophenfällen wie Überschwemmungen. Im Kriegsfall müssen alle Bürger Soldaten werden, darum gibt es auch ein paar Offiziere. Es gibt keine staatlichen Schulen, Eisenbahnen, Postkutschen oder Straßen, keine Polizei und natürlich auch keine sozialen Systeme. Das machen die Kommunen alles selbst.
Eine dieser Kommunen kommt nun auf die Idee, eine Art Nationalsozialismus zu errichten, mit nationalsozialistischen Schulen, in die alle Kinder gehen müssen. Leute mit abweichender Meinung werden gesteinigt, denn in einem schlanken Staat gibt es auch nur kommunale Gerichte. Herr Müller bricht sich ein Bein und kann nicht mehr arbeiten. Die anderen versorgen ihn mit, aber das ist nicht geschenkt, sondern nur gepumpt und wenn er nicht wieder gesund wird, wirft man ihn einfach ins Moor.

Ein schlanker Staat ist also nicht unbedingt gut für alle Beteiligten. Im obigen Extrembeispiel finde ich vor allem nationalsozialistische Schulen und die Abwesenheit staatlicher Gerichte kritisch. Der König muss also Gesetze erlassen, zum Beispiel: "Kranke dürfen nicht ins Moor geworfen werden", und die Umsetzung gewährleisten, durch Beamte. "Erforderlich ist ein vom Staat garantierter Ordnungsrahmen, in dem sich die Bürger frei entfalten können."
Genau. Dieser Rahmen soll jedoch nach Meinung der AfD sehr weit gesteckt sein und ich vermisse die soziale Komponente. Stutzig macht mich auch dieser Satz: "Die ständige, vielfach ideologiegetriebene Expansion der Staatsaufgaben stößt an finanzielle und faktische Grenzen. Sie bedroht inzwischen den Kerngehalt der elementaren Freiheitsrechte der Bürger."
Was ist damit gemeint? Der Staat hat sich zB. zurückgezogen in den Bereichen Post und Bahn. Die Arbeitsvermittlung wird größtenteils von privaten und kommunalen Trägern übernommen. Von einer Expansion der Staatsaufgaben kann keine Rede sein. Und was ist mit "ideologiegetrieben" gemeint?
Sicher hat jede Partei eine Ideologie und die wird dann umgesetzt. Ich dachte, das sei der Sinn der Sache. Die AfD hat ja auch eine Ideologie:

"Der Staat hat sich verzettelt. Es bedarf neuer Konzentration auf die vier klassischen Gebiete: Innere und äußere Sicherheit, Justiz, Auswärtige Beziehungen und Finanzverwaltung. Aufgaben jenseits dieser vier Kerngebiete bedürfen besonderer Rechtfertigung."
Die sozialen Systeme, die Bildungspolitik und die Familienpolitik werden nicht erwähnt. Was seltsam ist, weil später gefordert wird, Familien zu unterstützen. Es gibt also nur noch Armee, Polizei, Justiz, Diplomaten und Steuereinteiber? Und der Rest wird privatisiert?
"Wir wollen prüfen, inwieweit vorhandene staatliche Einrichtungen durch private oder andere Organisationsformen ersetzt werden können."
Tatsache. Private Arbeitslosenversicherung, Rente, Krankenkasse, Pflegeversicherung? Und wer das nicht zahlen kann, der kriegt dann auch kein Geld und muss verhungern? Und was ist mit den Schulen? Kinderzirkus Halligalli? Filmförderung für lustige, bekiffte Studenten?
"Die gewaltige demografische Problemlage, die uns in Deutschland bevorsteht, wird uns zu einem veränderten Staatsverständnis zwingen."

Was meinen die da genau? Wird nicht näher erklärt, aber die demografische Problemlage sieht so aus: Es fehlen Fachkräfte und schlecht ausgebildete Leute sind arbeitslos. Sehr viele Menschen sind alt oder behindert und immer mehr sind von der Leistungsgesellschaft derart gebeutelt, dass sie aus psychischen Gründen nicht mehr arbeiten können. Also, warum nehmen wir nicht die schlecht ausgebildeten und bilden sie auf Staatskosten?
Nein, wir stecken sie lieber 4x hintereinander in dieselbe "Maßnahme" wo man lernt, wie man Bewerbungen schreibt, aber nicht, wie man Webseiten programmiert. Diese Problematik lässt sich nicht dadurch lösen, dass der Staat sich auf angebliche Kernaufgaben konzentriert, die hier willkürlich herausgepickt wurden.

Damit ich nicht zu lange darüber nachdenke, wird das alles jetzt begründet mit: "Grundlage unserer politischen Überzeugungen ist ein differenziertes Menschenbild, das sich der Freiheitschancen, aber auch der Gefährdungen des Menschen stets bewusst bleibt. Die AfD setzt sich dafür ein, Volksentscheide (...) einzuführen. Wir glauben nicht an die Verheißungen politischer Ideologien oder an die Heraufkunft eines besseren, eines ‚Neuen Menschen‘. Eine Geschichtsphilosophie, die von einer Höherentwicklung der individuellen menschlichen Moral ausgeht, halten wir für anmaßend und gefährlich."
Ich glaube, dass Moral sich sehr wohl individuell und auch in einer Gesellschaft entwickelt, schließlich versenken wir heute keine Menschen mehr im Moor und ich individuell klaue meinem Bruder keine Schokolade mehr.
Die AfD glaubt das aber nicht. Und deshalb soll man öffentliche Schulen und soziale Systeme abschaffen? Versteh ich jetzt nicht ganz. Was hat Moral damit zu tun? Was ist eigentlich Moral?

Ganz platt gesprochen, die Erkenntnis, dass ich meinem Bruder nicht seine Schokolade wegfressen sollte, weil ich auch nicht will, dass man mir die Schokolade wegfrisst. Meine Moral hat zu tun mit meinem Hunger, mit der Art und Weise, wie ich erzogen wurde und behandelt werde und auch mit angeborener Empathie.
Im Idealfall bin ich ein zufriedenes, sattes Kind, mit liebevollen Eltern, habe selber immer Zugang zu Schokolade und bin auch emotional begabt, weil ich in dieser liebevollen und altruistischen Umgebung eventuelle angeborene Empathiedefizite kompensieren lerne. Wenn man nun dafür sorgen würde, dass es allen Kindern so geht, hätte sich die Moral in der gesamten Gesellschaft eine Generation später schon höher entwickelt und es gäbe keine Schokoladendiebe mehr. Und genau darum ist es wichtig, dass der Staat sich in die Kindererziehung (und damit in die Freiheit des Bürgers) einmischt, damit wenigstens gewisse demokratische Grundwerte in den Köpfen verankert werden können, wenn schon Schokolade geklaut wird.

Die AfD glaubt nicht an das Gute im Menschen und auch nicht, dass alle Menschen dieselben Rechte haben und gleich behandelt werden sollten. Das unterscheidet eben Rechte von Linken, letztlich ist es aber wirklich eine "Glaubensfrage", also in beiden Fällen eine Ideologie. Diese rechte Ideologie soll den Kindern von den Eltern ohne staatliche Störung vermittelt werden. Viele Neonazis beklagen, dass sie ihre Kinder in staatliche Schulen schicken müssen, wo die natürlich ausgelacht werden mit dem Dirndl. Und auch die Gründung privater Schulen würde nicht viel helfen, weil es Lehrpläne gibt und da steht genau drin, was in's Geschichtsbuch gehört. Also muss die staatliche Einmischung in den persönlichen Bereich der Erziehung radikal abgeschafft werden, sonst können die lieben Kleinen ja keine Schlesierlieder mehr trällern.
Liberale Gedanken sind oft nicht so schlecht, aber wenn wir den Nazis erlauben, ihre Kinder selbst zu unterrichten, müssen wir anderen erlauben, ihre Kinder zum Betteln zu schicken oder ins Bergwerk oder zur Prostitution. Wir müssen auch alle nur denkbaren Drogen legalisieren und den Personalausweis abschaffen, denn das sind auch Eingriffe in die Freiheit des Bürgers.

Als nächstes folgt ein längerer Abschnitt mit philosophischen Betrachtungen darüber, dass die Geschichte nie zuende geschrieben wird und dass eine realistische Politik "sich der Unvollkommenheit und Vorläufigkeit ihrer möglichen Ergebnisse stets bewusst bleiben" sollte. Klingt erst mal ganz gut, aber dann kommt: "Die auf vielen Politikfeldern durch die etablierten Parteien propagierte Alternativlosigkeit vermeintlicher Sachzwänge halten wir für in hohem Maße demokratie- und rechtsstaatsgefährdend."
Die AfD hat aber vorhin gerade demografische Entwicklungen als einen solchen Sachzwang genannt. Um uns den schlanken Staat zu verkaufen. Ohne die demografischen Entwicklungen näher zu erläutern. Das finde ich nun auch rechtsstaatgefährdend.

"Rechtsstaatsprinzip und Vertragstreue sowie demokratische Legitimation haben für uns Vorrang vor kurzfristigem Aktionismus und wahlwirksamer Effekthascherei."
Haha, ja. Sagt die Partei, deren Anführer Kriminalitätsstatistiken erfinden. Die Seite an Seite mit Neonazis und Verfassungsfeinden gegen die krasse Islamisierung Sachsens demonstrieren.
Der AfD ist sogar Angela Merkel noch zu links, hier eine gemeinsame Protestaktion von AfD, NPD, Identitärer Bewegung, Pegida, Bärgida sowie Aktivisten der Neonaziszene.
Das genau ist Aktionismus und Effekthascherei kurz vor der Wahl 2017.

"Als ‚Partei des gesunden Menschenverstandes‘ setzen wir auf das politische Urteilsvermögen und die Verantwortungsbereitschaft der mündigen Bürger. Richtschnur unseres Handelns ist die Grundüberzeugung, dass die Bürger das politische Geschehen so weit wie möglich selbst bestimmen können sollen."
Also, ich habe eher den Eindruck, dass die Starken über die Schwachen entscheiden sollen und sich Extremisten der staatlichen Kontrolle entziehen wollen. Außerdem verstehe ich nicht, wie man den Bürgern einerseits individuelle moralische Entwicklung absprechen kann und dann verlangt, dass diese Masse entwicklungsresistenter Höhlenmenschen in direkter Demokratie ein Land regiert. Mit liberal hat das alles nichts mehr zu tun, auch nicht mit humanistisch, sondern ich höre hier eine sozialdarwinistische Nachtigall herantrapsen.

Nächstes Mal geht es um die Gewaltenteilung, die von der AfD auf eine neue Art definiert wird, welche BürgerInnen in ihren Grundrechten beschneidet. Bleiben Sie uns gewogen und schalten sie auch nächstes Mal wieder den Volksempfänger ein.
Eine Demokratie kann ein paar Nazis aushalten. Aber eine Diktatur kann keine Demokraten aushalten.
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Warum die AfD Scheiße ist - von Otto vonOtter - 30.09.2018, 04:14
RE: Warum die AfD Scheiße ist - von Anachron - 01.10.2018, 19:38
RE: Warum die AfD Scheiße ist - von Otto vonOtter - 02.10.2018, 17:31
RE: Warum die AfD Scheiße ist - von Uwe Furse - 03.10.2018, 00:47

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