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Wie umgehen mit Rechtsradikalen?
#17
(05.09.2018, 18:00)Bogus Curry schrieb: Also ich bin einmal in Berlin / Ost gewesen, will nicht nun behaupten, das ich ein Experte bin wie die Mensche im Osten von Deutschland vor der Wende getickt haben. Nur ich weiss, das ich einen Kollegen in der Ausbildung gehabt hab, der doch ziemlich rechts war, hat es auch nach aussen getragen und der war in meinen Alter. Das ganze kurt nach der Wende, da ich auch weiss das er in der FDJ war, komme ich persönlich zu der Erkenntnis das es doch schon Faschistische Strukturen in der FDJ gegeben haben muss, ob nun von der Führung gewollt oder nicht oder ob sie es gewusst haben oder nicht, das weiss ich leider nicht.

Tja, wie du schon so schön sagst, war das nach der Wende. Vor der Wende gab es lauter Jugendliche, die etwas gegen den Staat hatten. Gegen die DDR im besonderen, aber auch gegen Hierarchien allgemein, es waren ja rebellische Jugendliche.
Als Rechte oder als Nazis haben wir uns vor der Wende nie gesehen, Hakenkreuzschmierereien waren eine Provokation, genau wie ein Irokesenschnitt. Im Prinzip waren wir am ehesten noch Anarchisten.
Die FDJ hat keiner ernst genommen. Die Struktur dort war naturgemäß dezent paramilitärisch und streng hierarchisch. Das ist sie bei den Pfadfindern aller Nationen und auch in vielen Firmen.

Ich werde mal schildern, wie das so war bei der FDJ: Irgendwann in der 7. Klasse kam man in diese FDJ und musste nicht mehr mit dem uncoolen Pionierschlips rum rennen, sondern bekam ein cooles, blaues Hemd für Erwachsene. Nach einiger Zeit wurde einem klar, dass dieses Hemd auch irgendwie uncool ist und man lieber eine Stonewash-Jacke von Lewis haben will.
Jeden Montag in der Schule mussten alle so verkleidet antreten, dann wurde ein sozialistisches Lied gesungen, alle wurden durchgezählt und der Oberpionier machte Meldung. Dann laberte der Direktor 5 Minuten lang irgendwas über Frieden und Sozialismus, was zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus ging. Dann gab es wieder ein Lied von der 2. Klasse über unsere Soldatenpaten und die Tomaten. Dann konnte man sich endlich wieder irgendwo hinpflanzen und das wars.
Natürlich gab es auch politische Schulungen einmal pro Woche, aber da wir alle ohnehin überzeugte Sozialisten waren, haben wir die Zeit lieber genutzt, um Probleme in der Klasse zu besprechen.

Privat haben wir auch andere Dinge besprochen, gewisse Zweifel oder logische Verständnisprobleme zum Thema "Antifaschistischer Schutzwall". Aber nie im Leben hätten wir uns mit dem Nationalsozialismus identifiziert. Das war eine absolute Minderheit, die das cool fand. Diese Leute hatten es übrigens besonders schwer und kamen in diese Werkhöfe. Nicht nur die, aber die auf jeden Fall.
Jetzt kommt ein wichtiger Aspekt der DDR-Geschichte zum tragen, nämlich der, dass dort alle Großbürgerlichen, Industriellen, Großgrundbesitzer und auch die meisten Adligen schon längst die Kurve gekratzt hatten und die Bevölkerung tatsächlich aus Proletariern und Bauern bestand. Die Gesellschaft in der DDR war vertikal äußerst durchlässig (Aufstiegschancen), wenn man nach den richtigen Regeln spielte. Also spielten alle danach. Unterschicht, die nach oben will. Das ist auch eine Parallele zum Nationalsozialismus, die noch nicht genügend beleuchtet wurde.

In dem Moment jedenfalls, als das alles weg fiel, konnte man so viel Nazi sein, wie man wollte - nichts passierte. Ein Kumpel von mir lief wochenlang als Adolf Hitler verkleidet und frisiert herum und nichts passierte. Wir kifften vor den Augen der Volkspolizei - nichts.
Und dann kamen die DVU und wie sie alle hießen und erklärten uns mal, wie die Welt wirklich funktioniert. Also, coole Wessis mit echtem Westgeld und Westautos, die schon 25 sind und sich mit uns abgeben, uns Schnäpse kaufen ...
Alle meine Freunde von damals sind Neonazis geworden und ich habe das mit angesehen. Es soll mir bitte keiner erzählen, wer wir vorher waren und wer hinterher.

LG, Otto
Eine Demokratie kann ein paar Nazis aushalten. Aber eine Diktatur kann keine Demokraten aushalten.
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RE: Wie umgehen mit Rechtsradikalen? - von Otto vonOtter - 06.09.2018, 01:08

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