Der Krieg ist nun in Opensim angekommen?

[Jupiter Rowland]

Maria Korolov hat bereits das FBI eingeschaltet. Aber letztlich ist das vermutlich wirkungslos, da die leute ja nicht im Wirkungsbereich westlicher Sicherheitsorgane zu finden sind.

Ich weiß ja nicht, wie Maria dem FBI die Sache verkauft hat und ob sie nicht auch noch nachgereicht hat, daß Hypergrid Business inzwischen mindestens zweimal angegriffen worden ist.

Aber wenn sie es geschickt formuliert hat, dann dürfte sich das FBI durchaus dafür interessieren. Und nicht nur das FBI. Ich hatte ja schon geschildert, welche Erfahrungen Maria mit Russen in Kriegsgebieten gemacht hat. Und sie ist Autorin. Und sie verdient ihre Brötchen auch damit, als Journalistin professionell über russische Hacker zu schreiben. Vielleicht ist sie gut darin, dem FBI die Sache schön schmackhaft zu machen.

Es dürfte allerdings fraglich sein wie lange ein wirkungsvoller DDoS-Angriff überhaupt aufrechterhalten werden kann und welche greifbare Wirkung so ein Angriff für Putiins Krieg hat.

Zu ersterem: Der ist schon lange wieder vorbei. Allerdings kann zumindest ich auf Hypergrid Business weder Bilder noch die Disqus-Kommentarsektion sehen. Vielleicht sind einfach nur meine Browser zu sehr zugemauert.

Zu letzterem: gar keine. Uns kennt fast niemand. Sowohl Putin als möglicherweise auch westlichen Behörden wird diese ganze Geschichte am Allerwertesten vorbeigehen. Gerade die westlichen Behörden dürften bis gestern noch gar nicht gewußt haben, daß OpenSim überhaupt existiert.

Das bindet letztlich nur die Ressourcen der von diesen Hackern* kontrollierten Bot-Netze, die in dieser Zeit nicht für effektivere Angriffe zur Verfügung stehen. Eigentlich sollten wir uns freuen, dass die so dämlich sind auf einen Sack Federn einzuprügeln, statt Porzellan zu zerschlagen.

*Wenn diese Leute überhaupt die Bezeichnung "Hacker" verdienen ...

Von einem "Team Freedom" hatte ich bisher noch nie gehört, schon gar nicht in Verbindung mit Cyberangriffen auf kritische Strukturen in NATO-Ländern. Eine "Gruppe Wagner für den Cyberkrieg", die direkt in Putins Diensten steht, ist das definitiv nicht, schon gar nicht eine offizielle Cyberwar-Einheit des russischen Militärs. Und eine Gruppe, die es nicht auf die Reihe kriegt, ihren eigenen Namen korrekt zu schreiben, kommt mir nicht gerade sehr professionell vor.

Das scheinen mir eher trittbrettfahrende Skriptkiddies zu sein, die sich edgy und badass vorkommen, wenn sie ein bißchen Cyberwar spielen dürfen. Wie gesagt, Profis hätten ganz andere Methoden als DDoS-Angriffe und vielleicht Defacing von schlecht geschützten Websites. Das hier ist nicht großartig mehr als das Niveau von Anonymous Mitte der 2000er, als sie noch die "Internet Hate Machine" waren, also vor Operation Chanology, als sie auf einmal a) politisch und b) "die Guten" waren.

Noch ein Grund, warum die nichts direkt mit Putin zu tun haben können: Eine Truppe, die gut genug ist für Putin und seine Dienste, ist für den Betreiber eines OpenSim-Grid zu teuer, und die würde sich nie für so eine Lappalie hergeben.

Noch ein Grund: Eine Truppe, die mit Putin in Verbindung gebracht werden könnte, wäre niemals so bekloppt, für so einen Furz einen Server auf NATO-Territorium anzugreifen. Das wäre nicht mehr nur ein Fall fürs FBI, sondern für die CIA. Die könnte sagen: "Hey, das waren Russen, die was mit Putin zu tun haben! Das war möglicherweise ein kriegerischer Akt Rußlands gegen die USA!" Und schon könnte ein DDoS-Angriff auf ein Blog über virtuelle Welten den 3. Weltkrieg auslösen.

Wir dürfen nicht vergessen, daß man im Pentagon und im US-Generalstab seit fast 75 Jahren ungeduldig die Messer wetzt und endlich auf eine Rechtfertigung für den langersehnten Angriff auf Rußland wartet. Und wir dürfen auch nicht vergessen, daß Putin ein NATO-Bündnisfall gerade jetzt, wo er kaum mehr Bodentruppen zur Landesverteidigung übrig hat (ist ja schon schwierig genug, Einheiten für die Ukraine zusammenzukratzen), ein bißchen sehr ungelegen käme.